Erblindung – Risiko völlig unterschätzt!

Pressemeldung 12.5.2015

Kongress-Pressekonferenz Augenheilkunde

Erblindung – Risiko völlig unterschätzt!

Wien. Harte Worte fielen bei der heutigen Kongress-Pressekonferenz der Österreichischen Gesellschaft für Augenheilkunde im Wiener Billrothhaus. Das Risiko von Krankheiten, die zur Erblindung führen könne, würde sowohl von der Bevölkerung als aus vor allem von der Gesundheitspolitik unterschätzt. In der Diskussion war von fehlender flächendeckender Versorgung die Rede, von notwendigen Medikamenten, deren Kosten nicht übernommen würden und von Entwicklungen, die in Summe de facto die Erblindung fördern würden. „Täglich erblinden Menschen, weil die Versorgungslage nicht mehr stimmt!“, so ein prominenter Diskutant. So versucht derzeit etwa die Universitätsklinik Salzburg eine „Sondergenehmigung“ zu bekommen, damit lebenswichtige Medikamente eingesetzt werde „dürfen“. Doch der Teufel liegt im Detail.

Die Glaukomfalle

Man spürt es nicht, keine Schmerzen, keine Sehstörungen – wenn die Sehstörung kommt, ist die Erkrankung weit fortgeschritten. Nur frühzeitige Checks beim Augenarzt helfen! Die Salzburger Glaukomstudie verfolgte rund 7.000 Menschen – auch scheinbar Gesunde, von denen 60% bereits am Glaukom litten, ohne es zu wissen. Kommt es zu einem relevanten Sehverlust, sind nur mehr 5% der Sehfasern intakt. Selbst bei optimaler Therapie schlechte Karten, denn der normale Alterungsprozess kann diese letzte Sehkraft kosten und ist nicht aufzuhalten. Insbesondere, wenn es in der Familie bereits Erkrankungsfälle gibt, ist ab den 40. Lebensjahr Prävention angesagt.

Unfassbar, aber wahr. Nicht nur notwendige Therapien, auch die erforderliche Untersuchung des Gesichtsfeldes wird von den meisten Kassen gar nicht übernommen! Einige Zahlen zur Häufigkeit: 1-10 % je nach Alter (zwischen 40-80.LJ: 3,54%) – Weltweit:2013: 64,3 Mill; 2020: 76 Mill; 2040: 111,8 Millionen; Österreich 80 000 Glaukomkranke, 50% nicht diagnostiziert ( Dunkelziffer) , Erkrankung als solche nicht vermeidbar – Schaden ist irreversibel!! Früherkennung daher essentiell

Die Therapie kann daher bestenfalls den Prozess stoppen, „besser“ wird es nicht mehr. „Hier wurden allerdings erhebliche Fortschritte gemacht! – „Insbesondere mit mikroinvasiv chirurgischen Maßnahmen!“, so Univ-Prof. Dr. Herbert Reitsamer von der Univ. Klinik für Augenheilkunde der Paracelsus-Privatuniversität Salzburg. Ein hartes Stück Therapiearbeit, denn der derzeitige Standard – das tägliche Eintropfen eines Medikaments – bringt Patientennerven zum Zerreißen. Denn es handelt sich um lebenslange Behandlung. Tägliches Tropfen. Laut einer Umfrage würden selbst 70-jährige Patienten mehrere Monate ihre Lebens „hergeben“, um nicht täglich „Eintropfen“ zu müssen.

Geißel Retinopathie

Wenig besser die Situation bei der diabetischen Retinopathie. Auch hier eine hohe Dunkelziffer, auch hier kompensiert der Organismus extrem lange und „gaukelt ein gesundes Auge“ vor. Auch hier würde nur Früherkennung wirklich helfen, obwohl die Blutungen in das Auge operative immer wieder entfernt werden können. Allerdings eine Prozedur, die mehrmals jährlich und nur im Spital durchgeführt werden kann. Nicht nur 200 Erblindungen jährlich gehen auf das Konto dieser Diabetes-Folgen, sondern auch zahlreiche weitere Fälle von schwerer Seheinschränkung, die den Betroffenen die Selbstversorgung im täglichen Leben inklusive der Selbstadministration von Insulin unmöglich macht.

Die Risikofaktoren sind: Schlechte Diabeteseinstellung (HbA1C/Langzeitzucker), Dauer des Diabetes mellitus, erhöhter Blutdruck (arterielle Hypertonie), Schwangerschaft, Nephropathie (Nierenerkrankung) sowie Rauchen. In der Therapie steht die „gute Einstellung“ des Diabetes (niedriges HbA1c) an erster Stelle, gefolgt von Argon-Laser-Behandlung, operativer Entfernung des Glaskörpers sowie der Einspritzung von Substanzen in den Glaskörperraum.

Makuladegeneration – extremes Bedrohungsszenario

Ab dem 50. Lebensjahr ein Thema – je nach Lebensstil und wieder spielt Rauchen eine Rolle in der Entstehung. In der Untersuchung zeigen sich gelbliche Netzhaut-Ablagerungen , so genannte „Drusen“. Hier ist das Bedrohungsszenario besonders extrem. Bis 2050 werden sich durch die „Altersbedingte Makuladegeneration“ die Fälle von Erblindung verdreifachen! Nur gerichtete Prävention kann dieser explosiven Vermehrung paroli bieten. Auch hier eine „Nein danke!“ seitens der Gesundheitspolitik. Stellt sich die Frage „Erzeugen hier blinde PolitikerInnen blinde PatientInnen?“ Auch hier warten nicht nur explodierende Behandlungskosten, sondern Mehrkosten in Form von Versorgung stark schwachsichtiger Menschen, die den Alltag nicht mehr bewältigen können. Leben in der Finsternis ….

Vorbeugung beginnt beim Baby

Die erste – obligate – Mutter-Kind-Pass-Untersuchung beim Augenarzt machen die meisten Mütter, bei der zweiten im zweiten Lebensjahr sind es nur mehr 40%. Sie ist nicht verpflichtend. Stellt sich zunächst die Frage, „Warum nicht?“ OMR.in Helga Azem betonte die Wichtigkeit zur Kontrolle einer guten Augenentwicklung. Das Baby sieht nur hell-dunkel, das Einjährige verfügt über 50% der Sehkraft. Erst über die Jahre erweitert sich das Gesichtsfeld und das dreidimensionale Sehen. Ein voller Visus stellt sich mit dem 7.-9. Lebensjahr, ein erwachsenenkonformes Gesichtsfeld gar erst mit dem 10.-12. Lebensjahr ein. Bis dahin also läuft die wichtige Entwicklungsphase. Treten Schwachsichtigkeiten auf, „vernachlässigt“ das Gehirn das betroffene Auge und versucht, mit dem gesunden Auge das Auslagen zu finden. Keine Prävention, keine Kontrolle, keine Früherkennung. Azem: „Viele Fälle von Teilleistungsstörungen wie Legasthenie sind auf gestörtes Sehen zurückzuführen. Das Problem auch hier – was in der Entwicklungsphase nicht erlernt wurde, bleibt ein Defekt. Ärztliche Hilfe kann dann nur mehr recht wenige bewegen. Azem: „Die Diagnose beim Schularzt im 6. Lebensjahr erlaubt uns keine relevanten Korrekturchancen mehr.“

10.000 zum Europakongress im Juni erwartet!

Der Eurovisionskontest mag in aller Munde sein – 10.000 Besucher wird er aber vermutlich nicht bringen. Das hingegen tut der Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Augenheilkunde (SOE), der von 6.bis 9.Juni im Austria Center Vienna. Prof. Reitsamer zur bevorstehenden Mega-Veranstaltung: „Der Kongress tagt bereits zum zweiten Mal in Wien. Neben den wissenschaftlichen Inhalten steht vor allem die Fortbildung, insbesondere für jünger Kollegen im Vordergrund.“ Mehr Details bietet die Website: soe2015.org

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Weitere Details: www.intmedcom.com/augen-pk